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Qualitätsmanagement in Forschungslaboratorien: Ressourcen sparen, Qualität sichern


Ein Praxisbericht von Sophia Sohns & Dr. Janine Kleymann-Hilmes
Robert Koch-Institut, Berlin

Im forschungsnahen Laboralltag treffen zwei Welten aufeinander: Auf der einen Seite der Wunsch nach wissenschaftlicher Freiheit, auf der anderen Seite der Bedarf an strukturierten, nachvollziehbaren Prozessen. In ihrem Fachbeitrag zeigen Sophia Sohns und Dr. Janine Kleymann-Hilmes praxisnah, wie ein leichtgewichtiges, risikobasiertes Qualitätsmanagementsystem (QMS) helfen kann, Ressourcen effizienter zu nutzen, Reproduzierbarkeit zu verbessern und den Teamalltag zu entlasten – ohne die kreative Dynamik von Forschung zu behindern.

Der Artikel stützt sich auf Erfahrungen aus einem Pilotprojekt mit fünf biomedizinischen Forschungsteams des Robert Koch-Instituts. Die Autorinnen liefern fundierte, direkt umsetzbare Empfehlungen für den forschungsnahen Laborbetrieb.

Reagenzien- und Verbrauchsmaterialien gezielter einsetzen
  • Zielgerichtete Lagerhaltung: Oft werden hochwertige Reagenzien zu früh entsorgt, nur weil das Verfallsdatum überschritten ist. Dabei zeigt die Praxis: Viele Materialien sind noch funktionsfähig. Das QMS empfiehlt eine risikobasierte Weiterverwendung, sofern sie dokumentiert und nachvollziehbar ist.
  • Einfache Kennzeichnung genügt: Anstelle aufwendiger IT-Systeme reichen in vielen Fällen handschriftliche Hinweise oder einfache Tabellen, um Informationen zur Lagerung, letzten erfolgreichen Nutzung oder Sichtprüfung festzuhalten.
  • Transparenz für das gesamte Team: Durch diese pragmatische Handhabung wird Wissen geteilt, Fehler vermieden und gleichzeitig unnötiger Ressourcenverbrauch vermieden.

Fehlermanagement als Lernchance

  • Weg vom Schuldprinzip: Fehler werden im Projekt als Lernchancen verstanden – nicht als Anlass zur Sanktionierung. Das steigert die Offenheit im Team und schafft Raum für konstruktive Gespräche.
  • Dokumentation leicht gemacht: Das Pilotprojekt zeigt, dass auch ein einfaches Excel-Tool ausreicht, um Fehler strukturiert zu erfassen (Was ist passiert? Warum? Welche Korrekturen?). Wichtig: Die Verantwortung bleibt bei den betroffenen Teams, ohne zentrale Kontrolle oder Unterschriftenketten.
  • Kulturwandel im Kleinen: Durch eine bewusst niederschwellige Fehlerkultur entsteht Vertrauen – ein entscheidender Faktor für nachhaltige Qualitätsentwicklung.

Interne Peer-Reviews: Kollegiale Qualitätsentwicklung statt Auditstress
  • Freiwillig, vertraulich, hilfreich: Anstelle klassischer Audits setzen die Autorinnen auf ein internes Review-Modell, das sich am ärztlichen Peer Review orientiert. Externe Kollegen aus benachbarten Arbeitsgruppen geben Feedback anhand eines Kriterienkatalogs.
  • GAP-Analyse mit Ampelstatus: Die Ergebnisse werden im Team besprochen – als konstruktive Rückmeldung, nicht als Kontrolle.
  • Erste Ergebnisse: Im Pilotprojekt erfüllten die teilnehmenden Teams im Schnitt 51 % der definierten QM-Kriterien. Stärken lagen z. B. in den Bereichen Datenschutz und Dokumentation. Entwicklungsbedarf zeigte sich vor allem bei Umgebungsmonitoring, Fehlerdokumentation und Feedbackkultur.

Selbstbewertung mit System: QM-Reifegrad erkennen und entwickeln
  • Selbstcheck statt Zertifizierung: Ein von den Autorinnen entwickeltes Selbstbewertungstool auf Basis der ISO 9004 ermöglicht es Teams, ihre Reife im Umgang mit Qualität selbst einzuschätzen.
  • Iterative Nutzung: Die Ergebnisse lassen sich als Grundlage für Zielvereinbarungen, Ressourcenplanung oder Teamreflexionen verwenden – ganz ohne externe Bewertung.
  • Stärken stärken – Schwächen gezielt angehen: Die Kombination aus Peer-Review und Selbstbewertung fördert die Eigenverantwortung und hebt den QM-Prozess auf eine motivierende, unterstützende Ebene.

Fazit: Ein QMS, das zur Forschung passt
Der Beitrag von Sophia Sohns und Dr. Janine Kleymann-Hilmes beweist:
Qualitätsmanagement im Forschungslabor muss weder bürokratisch noch aufwendig sein. Wenn es schlank, praxisnah und risikobasiert gestaltet ist, fördert es nicht nur die Reproduzierbarkeit und Ressourceneffizienz, sondern stärkt auch die Teamkultur und das Vertrauen in die eigene Arbeit.

Lesetipp:
Zum vollständigen Artikel in SpringerLink (Bundesgesundheitsblatt, Juni 2025)

Unsere Empfehlung:
Nutzen Sie diesen Beitrag als Impuls für Ihre eigene Laborpraxis. Viele der vorgestellten Maßnahmen lassen sich direkt umsetzen – unabhängig von Akkreditierungsstatus oder Institutspolitik.
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