Welche Auswirkungen hat die CSR-Direktive auf Unternehmen und Labore – ein Überblick

Unbenanntes Dokument 2019 hat die EU den Green Deal verabschiedet – und damit eine Vielzahl an Aktionsprogrammen und Gesetzesinitiativen, die nach und nach umgesetzt werden mit dem Ziel, den europäischen Kontinent bis 2050 klimaneutral zu machen. Von der im letzten Jahr verabschiedeten Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD, sind viele Unternehmen aus dem Mittelstand betroffen. Sie werden verpflichtet, ab 2025 über ihre Nachhaltigkeitsleistungen zu berichten. Doch was genau verbirgt sich dahinter, wer muss sie erfüllen – und vor allem: was heißt das für Labore und Unternehmen?

Insgesamt 15.000 Unternehmen sind in Deutschland von der Direktive direkt betroffen. Das sind kleine und mittlere Unternehmen, die zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen:
  • mehr als 250 Mitarbeitende im Jahresdurchschnitt
  • eine Bilanzsumme von mehr als 25 Millionen Euro
  • mehr als 50 Millionen Nettoumsatzerlöse

Diese Unternehmen müssen ab dem Jahr 2025 neben dem Finanzbericht auch einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen. Dieser steht gleichberechtigt neben dem Finanzbericht und unterliegt einer externen Prüfpflicht. Ab 2026 und 2028 fallen weitere Unternehmen unter die Reportingpflicht. Dazu gehören börsennotierte, kleine KMUs sowie ausländische Unternehmen, die eine Tochtergesellschaft in der EU haben und bestimmte Kriterien erfüllen.

Die CSRD hat zum Ziel, Unternehmen und deren Nachhaltigkeitsleistungen messbar und vergleichbar zu machen. Dadurch soll es Investoren erleichtert werden in Unternehmen zu investieren, die echte Nachhaltigkeitsanstrengungen unternehmen und ihr Geschäftsmodell dementsprechend ausrichten. Auf diese Weise möchte die EU die Umlenkung von Finanzströme in nachhaltige Investments erreichen – ein Ziel nicht nur des Green Deal, sondern auch des Klimavertrags von Paris.

Was kommt konkret auf Unternehmen zu?


Die CSR-Direktive verlangt von Unternehmen, sich strategisch mit verschiedenen Nachhaltigkeitsaspekten auseinanderzusetzen, verknüpft mit der Frage, welche Auswirkungen diese auf das eigene Unternehmen haben und welche Auswirkungen, Chancen und Risiken sich daraus ergeben. Wie man dabei vorzugehen hat, ist in den European Sustainability Standards (ESRS) vorgegeben. Diese gliedern sich auf in Querschnittstandards und themenspezifische Standards.

Die beiden Querschnittstandards ESRS 1 und ESRS 2 zielen darauf ab, den Standard zu erklären und verlangen allgemeine Angaben von den Unternehmen, wie Strategie, Geschäftsmodell oder Angaben zur Wertschöpfungskette in Bezug auf Nachhaltigkeit. 

Die themenspezifischen Standards befassen sich mit ökologischen Themen (ESRS E1 – ESRS E5), sozialen Themen (ESRS S1 – ESRS S4) sowie mit dem Thema Governance, also dem Geschäftsgebaren (ESRS G1). Hier muss ein Unternehmen ganz konkret erläutern, wie es mit einem bestimmten Thema, beispielsweise dem Klimawandel, umgeht. Welche Strategie wird in Bezug auf den Klimawandel verfolgt, welchen Risiken könnte das Unternehmen ausgesetzt sein und wie geht das Unternehmen damit um. So können Extremwetterereignisse Risiken darstellen, wenn sie beispielsweise den Transport von Gütern auf dem Rhein aufgrund von Niedrigwasser stark beeinträchtigen oder ganze Produktionsstätten zerstören, wie dies im letzten Jahr die Firma Pfizer erlebt hat. Ein Tornado hat deren Fabrik in North Carolina schwer getroffen und die dortige Arzneimittelproduktion zum Erliegen gebracht – mit Folgen für die Medikamentenversorgung in den gesamten USA.

Ein Unternehmen muss nicht zu jedem Thema berichten, sondern ermittelt seine sogenannten wesentlichen Themen mit Hilfe der Wesentlichkeitsanalyse. Dabei werden Unternehmenstätigkeiten aus zwei Perspektiven betrachtet: Die Outside-In-Perspektive fokussiert auf finanzielle Risiken und Chancen, die sich durch verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte für das Unternehmen ergeben, während die Inside-Out-Perspektive die Frage untersucht, welche negativen Auswirkungen das Unternehmen auf Umwelt und Gesellschaft hat. Die Wesentlichkeitsanalyse verlangt dabei, dass nicht nur die Sicht des Unternehmens, sondern zwingend auch die wichtigsten Stakeholder, wie beispielsweise Mitarbeitende, Lieferanten, Kunden mit einbezogen werden, die von den Unternehmenstätigkeiten betroffen sind bzw. betroffen sein könnten.

Anschließend wird dargelegt, welche Auswirkungen ein als wesentlich bestimmtes Thema auf das Unternehmen hat, welche Chancen oder auch Risiken sich daraus ergeben. Dafür ist es notwendig, Kennzahlen zu erheben, die in den Standards vorgegeben sind – beispielsweise CO2-Emissionen, aufgeschlüsselt nach Scope 1, 2 und 3. Nach dieser Status-quo-Analyse wird die Strategie erarbeitet, Ziele werden gesetzt, Maßnahmen werden beschlossen – und alles im CSR-Bericht dargelegt.

Damit ist klar: die CSR-Direktive mag Unternehmen vor Herausforderungen stellen, vor allem im Hinblick auf die Ermittlung der notwendigen Daten, der Aufsetzung des gesamten Berichtsprozesses und der Auseinandersetzung mit der Frage, wie das eigene Unternehmen von Nachhaltigkeitsthemen betroffen ist und wie es damit umgeht.

Andererseits wird das eigene Geschäftsmodell auf seine Zukunftsfähigkeit geprüft, Risiken und Chancen beleuchtet und das Thema Nachhaltigkeit wird strategisch angegangen. Gleichzeitig sehen viele eine parallele Transformation hin zu mehr Digitalisierung – denn um die Daten aufzunehmen und in eine Berichtsform zu bringen, werden softwaregestützte Lösungen notwendig sein, die bereits heute auf dem Markt sind.

Was bedeutet die CSR-Direktive für Labore?


Die Arbeit im Labor ist energie- und ressourcenintensiv. Höchste Zeit also, sich auch als Labor mit Themen wie dem Klimawandel und dem eigenen Impact auseinanderzusetzen. Aber auch mit weiteren Themen, wie Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft oder der eigenen Belegschaft und damit verbundenen soziale Aspekten sollten sich Labore befassen – selbst wenn das eigene Labor nicht unter die CSR-Direktive fällt. Denn selbst wenn man nicht direkt betroffen ist, könnten es die eigenen Kunden sein. Und da die Direktive verlangt, auch die Wertschöpfungskette zu betrachten, könnten Nachfragen zu den eigenen Nachhaltigkeitsanstrengungen kommen.

Zu guter Letzt sollte man sich der Vorteile bewusst sein, wie die Möglichkeit, die Effizienz der eigenen Prozesse zu steigern, Kosten wie Risiken zu senken oder – und das sollte in Zeiten des Fachkräftemangels nicht außer Acht gelassen werden - sich als verantwortungsvoller Arbeitgeber präsentieren und damit für Arbeitssuchende aller Generationen attraktiv zu werden.

Veranstaltungen zum Thema


Wer sich mit dem Thema CSR und Nachhaltigkeit im Labor näher beschäftigen möchte, kann sich im Seminar " Corporate Social Responsibility im Labor" auf der analytica in München schlau machen und erste Ideen dazu entwickeln. Termin: 09. April 2024, München

Einen umfassenderen Überblick, was Nachhaltigkeit wirklich bedeutet, bietet das zweitägige Seminar "Nachhaltigkeit im Labor - Nutzen und Impulse". Termin: 13. - 14. November 2024, online