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Kompetenzmanagement für Labor und Wissenschaft
Interview mit dem Wirtschaftspsychologen Karl Höppner-Zierow, Personalentwickler und Experte im Team von Klinkner & Partner


Sehr geehrter Herr Höppner-Zierow,
wir leben in einer Wissensgesellschaft, das Internet lässt das Wissen explodieren. Gleichzeitig klagen die Arbeitgeber über immer geringere Berufsfähigkeit junger Absolventen. Was unterscheidet Kompetenz von Wissen?

Wissen ist die Voraussetzung, aber erst Kompetenz erzeugt verwertbare Ergebnisse. Kompetenzen sind immer Fähigkeiten, etwas zu tun. Menschen sind die Träger von Kompetenzen.

Nehmen wir als Beispiel akkreditierte Labore: Für sie steht der Nachweis der technischen und fachlichen Kompetenz im Zentrum des Interesses bei Begutachtungen durch die DAkkS. Für die Fähigkeit, korrekte und zuverlässige Ergebnisse zu erzeugen, braucht man neben den technischen Voraussetzungen ja in erster Linie kompetentes Personal. Es geht für die DAkkS dabei meist um die Prüf- oder Kalibrierkompetenz, also die Fähigkeit, die akkreditierten Verfahren korrekt anzuwenden. Viele Labore lösen das durch tabellarische Zuordnungen in sogenannten Kompetenzmatrices.

Richtig, dieses Vorgehen ist bewährt und insofern relativ einfach, als man den einzelnen Mitarbeitenden und den akkreditierten Verfahren oder Verfahrensgruppen Kompetenzstufen zuordnen kann. Bei vielen Mitarbeitern und Verfahren ist es sehr mühsam, alles immer auf einem aktuellem Stand zu halten. Ob eine solche Dokumentation bereits Kompetenzmanagement ist, lasse ich mal offen.

Was genau verstehen Sie unter "Kompetenzstufen"?

Im einfachsten Fall ist das eine Ja/Nein-Differenzierung: Der Mitarbeiter beherrscht das Verfahren oder eben nicht. Realitätsnäher sind aber Abstufungen, die mit Blick auf die konkrete Laborsituation festgelegt werden. Ein Beispiel: Stufe 1: Mitarbeit unter Aufsicht, Stufe 2: Eigenständige Bearbeitung von Routineproben, Stufe 3: Eigenständige Bearbeitung von Sonderproben mit Methodenanpassungen, Stufe 4: Entwicklung und Validierung neuer Methoden.

O.k., das deckt also die Kompetenzen für Prüfung und Kalibrierung ab. Aber eigentlich haben Menschen doch noch viel mehr Kompetenzen, oder?

Ja, genau. Nun, es gibt unterschiedliche Abstraktionsebenen, nehmen wir nur "Mitarbeit unter Aufsicht" und "Fachkompetenz". Auf einer mittleren Abstraktionsebene sehe ich z.B. "Zuverlässigkeit" oder "Initiative". Im Alltag schätzen wir Menschen, die zuverlässig sind und Initiative zeigen.

Aber nicht nur für den Alltag, auch für den Beruf! Von wie vielen unterschiedlichen Kompetenzen reden wir denn da?

Das sind schon einige Dutzend, wobei man die Einzelkompetenzen auch wieder zu Clustern zusammenfassen kann. Ich könnte Ihnen 64 Einzelkompetenzen nennen!

Oh, jetzt wird’s unübersichtlich!

Ja, und deshalb brauchen wir dafür einen systematischen Ansatz: Wir betreten jetzt das Feld des Kompetenzmanagements. Dazu gibt es verschiedene Modelle und Vorgehensweisen. Ich habe ja früher auch als Jurist gearbeitet: Ein systematisches, klares Vorgehen mit präzisen Definitionen begeistert mich. So arbeite ich heute gerne mit dem sogenannten KODE-Modell.

Was verbirgt sich dahinter?

Das Modell ist von John Erpenbeck, einem promovierten Physiker, und Volker Heyse, einem Professor der Psychologie, entwickelt worden. Ausgangspunkt sind vier Grundkompetenzen:
Personale Kompetenz, die Aktivitäts- und Handlungskompetenz, die Sozial-Kommunikative Kompetenz und die Fachlich-Methodische Kompetenz. Sie können jeweils in 16 Teilkompetenzen aufgegliedert werden. Die KODE-Messung zeigt, welche Kompetenzen in einfachen bzw. in komplexen Situationen handlungsrelevant werden. Immer ergeben sich Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten in Bezug auf das Selbstmanagement. Die Anwendung ist einfach, das Ergebnis komplex. Für das notwendige Beratungsgespräch rechnet man etwa eineinhalb Zeitstunden. Es ist ein kleines Coaching.

Klingt kompliziert! Es gibt den Spruch: If you can‘t measure it, you can‘t manage it. Wie bitte misst man Kompetenzen?

Genau das ist die Stärke des erwähnten Modells. Gemessen wird mit einem Onlinefragebogen - ihn durchzuarbeiten dauert nur ca. 20 Minuten. Dem Mitarbeiter werden 24 unvollständige Sätze angezeigt, denen jeweils 4 mögliche Ergänzungen zugeordnet sind. Diese 4 Ergänzungen sind nach Prioritäten zu sortieren. Das ist alles.

Und dann?

Dann wertet ein ausgeklügeltes System die Antworten aus und erstellt ein individuelles Kompetenzprofil. Es ergibt sich eine persönliche Standortanalyse und ein persönliches Feedback. Das hat sich schon seit mehr als 10 Jahren bewährt - wenn man will, steckt dahinter so etwas wie künstliche Intelligenz.
Auf der Basis des Kompetenzprofils erhält der Mitarbeiter einen umfangreichen Report, der ihm viele Hinweise und Anregungen auch für seine weitere Kompetenzentwicklung gibt.

Wenn Sie von Mitarbeitern sprechen, schließe ich daraus, dass primär Firmen Kompetenzmanagement betreiben. Was ist deren Antrieb dafür und wo setzen sie es ein?

Am Ende geht es immer um betrieblichen Erfolg. In jeder Organisation steht der Mitarbeiter im Zentrum. Nur wenn er über die passenden Kompetenzen für seine Tätigkeit verfügt, läuft der Laden rund - das heisst, Produktivität und Qualität stimmen. Im Einzelnen geht es da um Personalentwicklung, Fachkräftesicherung, Teambildung und auch Stellenbesetzung.

Damit muss sich ja eigentlich jede Firma angesprochen fühlen?

Das Thema ist auf jeden Fall wichtig für alle Firmen und Organisationen. Das wird auch niemand bestreiten. Das Thema wird allerdings auch gern geschoben – mit Blick auf die verfügbare Personaldecke und die Vielzahl der anliegenden betrieblichen Aufgaben. Wer jedoch mittelfristig unterwegs ist, sieht die Relevanz von Personal- und Kompetenzentwicklung.

Was empfehlen Sie Firmen, die vor diesem Problem stehen?

Sie sollten nicht versuchen, das Rad neu zu erfinden und etwa Zeit investieren, um eigene Kompetenzmanagementmodelle zu entwickeln. Das KODE-Modell ist prädestiniert, es als definiertes und zeitlich begrenztes Projekt mit klarer Zielstellung und externer Unterstützung anzuwenden. Ein solches Pilotprojekt bringt dann auch Klarheit über das weitere Potenzial der Methodik für die eigene Organisation.

Ich danke Ihnen für dieses Interview.


Das Interview führte Dr. Roman Klinkner